Kapitel 40

Kapitel 40 ~ „Warum kniest du nicht nieder und betest mich an? Ich bin dein Vater”

 

Der Dämonenkönig Yin Wuhui war durch und durch ein Wahnsinniger.

Die Leute sagen, dass der Vater den Sohn besser kennt als jeder andere, aber in Wirklichkeit war genau das Gegenteil der Fall. Hua Che kannte Yin Wuhui und seinen Wahnsinn in- und auswendig.

Er war grausam und blutrünstig.

Hua Che hatte ihn einst beschuldigt, dass er seine Frau und sein Kind verlassen hatte, aber nachdem er die Wahrheit erfahren hatte, war in ihm plötzlich das Gefühl aufgekommen, dass es etwas Gutes war, dass Yin Wuhui sie im Stich gelassen hatte. Was wäre sonst aus ihm geworden?

Wäre er wie die Schüler der Fen Qing Palasthalle zu Yin Wuhuis Marionette geworden?

Gezwungen, den Gu-Wurm der brennenden Zuneigung zu tragen und auf Ewig sein Tötungswerkzeug zu sein?

Dieses Blut, welches ihm vererbt worden war, machte ihn krank.

Selbst wenn er ein anderes Leben führen würde, würde es ihn noch immer krank machen.

Hua Che sah ihn kalt an. „Weshalb ist der Dämonenkönig hier?”

Yin Wuhui betrat das Haus und sah sich interessiert im Eingangsbereich um. Er machte sich ein Bild vom Grundriss und der Bemalung und sah erst dann zu Hua Che. „Weißt du, wer ich bin?”

Ausdruckslos erwiderte Hua Che: „Du bist der Staatsfeind der neun Reiche. Wie könnte ich dich nicht kennen?”

„Das ist großartig. Das erspart mir einige Worte” Yin Wuhui beschwor einen Stuhl, setzte sich darauf und sagte stolz: „Warum kniest du nicht nieder und betest mich an? Ich bin dein Vater”

Haha.

Hua Che musste sich zurückhalten, um nicht die Fassung zu verlieren.

Yin Wuhui wusste immer, wie er Menschen unglücklich machen konnte. So war es bereits in seinem früheren Leben gewesen. Er war von Anfang an mit einer überlegenen und arroganten Haltung beim Wanmen-Kampfsportturnier aufgetreten, so als wären alle anderen nur Ameisen gewesen. Hua Che war vor allen dazu gezwungen worden, sich hinzuknien und Yin Wuhui hatte „Ich bin dein Vater!” gerufen.

Damals war Hua Che jung und energisch gewesen. Als er plötzlich vom einem Verrückten ausgenutzt worden war, hatte er es nicht ertragen können und geantwortet: „Ich bin noch immer dein Onkel!”

Hua Che konnte sich nicht mehr genau an die Szene erinnern, aber er wusste noch, dass Yin Wuhui damals nicht besonders glücklich ausgesehen hatte.

Es war ein wahrer Augenschmaus gewesen!

Hua Che konnte nicht anders, als diesen Augenblick noch einmal sehen zu wollen.

Entschieden sagte er also: „Mein Vater ist tot”

Yin Wuhuis Gesicht verfinsterte sich. „Wie kannst du es wagen, deinen eigenen Vater zu verfluchen!”

„Mein Vater ist tot!” Hua Che verschränkte die Arme vor der Brust und sah Yin Wuhui herablassend ab. „Wenn du mir nicht glaubst, kannst du ganz Hangzhou fragen. Ich habe nur eine Mutter, aber keinen Vater”

Auf einmal lachte Yin Wuhui. „Haha, hat dir das deine Mutter gesagt? Deine Mutter hasst mich, also hat sie dir natürlich die Lüge aufgetischt, dass ich tot bin”

Hua Ches Gesichtsausdruck wurde kalt und seine Stimme frostig. „Du hältst das für selbstverständlich. Sei nicht so egozentrisch! Meine Mutter hat keinen Gedanken an dich verschwendet und in diesen Jahren ein glückliches Leben geführt. Warum hätte sie dich hassen sollen? Du warst in ihren Augen nicht einmal so viel wert, wie eine streunende Katze!”

Dieser Satz verärgerte Yin Wuhui wie geplant und der Dämonenkönig wurde so wütend, dass er eine Millionen Menschen umbringen könnte!

Das ganze Haus bebte und ein dämonischer Nebel tobte im Eingangsbereich. Yin Wuhui packte Hua Che mit blutunterlaufenen und hervortretenden Augen am Hals.

Hua Che wehrte sich nicht und ließ sich von ihm würgen. „Wenn du das wirklich machen willst... dann tu es einfach. Wenn ich wirklich dein Sohn bin, wirst du der Letzte deiner Familie sein!”

Yin Wuhuis Hand zitterte und er ließ voller Angst los.

Hua Che hielt sich an der Tischkante fest und hustete einige Zeit.

In Yin Wuhuis Gesicht konnte man seine Wut erkennen, aber es dauerte nicht lange, bis er sich beruhigte. „Ich verstehe. Du beschwerst dich über Hua Sijins Leid und hegst mir gegenüber Groll, weshalb du absichtlich versuchst, mich zu verärgern”

„Du bist wirklich ein kluger Dämon”, spottete Hua Che.

In seinem früheren Leben hatte er Yin Wuhuis Aufmerksamkeit erregt, weil er dreimal in Folge das Wanmen-Kampfsportturnier gewonnen hatte, aber in diesem Leben war Yin Wuhui auf ihn aufmerksam geworden, weil er das Wanmen-Kampfsportturnier gewonnen und gleichzeitig auch Lu Mingfengs böse Machenschaften aufgedeckt hatte.

Lu Mingfeng und Yin Wuhui. Der eine war die Nummer Eins in der Welt der Unsterblichen und der andere der Anführer des Reichs der Dämonen. Als Lu Mingfeng plötzlich seine Macht verloren hatte, hatte Yin Wuhui keinen Grund gehabt, sich das nicht genauer anzusehen.

Und so hatte Yin Wuhui von Hua Che erfahren.

Nachdem Yin Wuhui sorgfältig Hua Ches Leben untersucht hatte, hatte er natürlich gewusst, wer genau dieser war.

„Vater und Sohn sollten einander nicht hassen”, fing Yin Wuhui großzügig an. „An Neujahr gibt es keinen Grund für uns, uns zu trennen, als lass uns – Vater und Sohn – unser erstes Jahr der Wiedervereinigung miteinander verbringen!”

Als Hua Che Yin Wuhuis väterlichen Gesichtsausdruck sah, war er angewidert.

Xiao Pang und seinem Kindermädchen zuliebe, welche sich noch immer im Hinterhof befanden, lenkte er das Gespräch bewusst in eine andere Richtung. „Willst du mich entführen und zur Fen Qing Palasthalle bringen?”

Yin Wuhui lächelte und erwiderte: „Wie kannst du es eine Entführung nennen? Wir gehen nach Hause”

„Ich erinnere mich daran, dass dich einer der Schüler des linken Wächters, Shang Jiangmei, bei der Mingyue Schlucht angegriffen hat, aber du hast ihn getötet”

„Was ist damit?”, fragte Hua Che.

Yin Wuhui lachte wie ein Wahnsinniger und erwiderte: „Mein Sohn ist in der Tat außergewöhnlich! Die Ameise, welche dieses Verbrechen begangen hat, hat den Tod verdient! Auch der linke Wächter hat ein schweres Verbrechen begangen, da er seinen Untergebenen nicht im Griff hatte”

„Du hast Shang Jiangmei...”, fing Hua Che an.

„Ich habe ihn ins Wassergefängnis gesperrt, um ihn nachdenken zu lassen”, brachte Yin Wuhui den Satz zu Ende und lachte. „Was hältst du davon? Bist du froh, dass dein Vater für dich eingeschritten ist?”

Shang Jiangmei war zu Unrecht beschuldigt worden. Wenn er zu diesem Zeitpunkt Hua Ches Identität gekannt hätte, hätte er seinen Schüler definitiv nicht auf diese Art und Weise sterben lassen.

Hua Che starrte Yin Wuhui einfach nur ausdruckslos an.

„Früher oder später musst du nach Hause kommen” Yin Wuhui ließ den dämonischen Nebel verschwinden und sagte mit freundlichem Gesicht: „Lass uns gehen. Kehre mit deinem Vater zur Fen Qing Palasthalle zurück. Natürlich kannst du dich auch wehren, aber dann muss ich ein paar Tricks anwenden”

In Yin Wuhuis Augen lag ein unheimlicher Ausdruck. „Du möchtest die beiden Ameisen im Hinterhof doch nicht stören, oder?”

__________________________________________

Als Hua Che das Reich der Dämonen betrat, erinnerte er sich an viele schlimme Ereignisse aus seinem vergangenen Leben.

Er hasste diesen Ort und am aller meisten hasste er die Fen Qing Palasthalle, welche voller trauriger Erinnerungen war.

Es war die Höhle des Teufels, in welcher der große, verrückte Dämon wohnte, sowie unzählige seiner kleinen blutrünstigen Untergebenen.

Im Gegensatz zu den Volksgeschichten, welche es im Reich der Sterblichen gab, war das Reich der Dämonen kein Land ohne Gras. Es gab Städte, Dörfer, Berge und Flüsse, sowie einen blauen Himmel und weiße Wolken. Es war nur so, dass die Menschen, welche hier lebten, ausnahmslos alle dämonische Kultivierende waren. Dämonische Kultivierende waren dauerhaft am Töten und Kämpfen. Sobald man auch nur zwei Schritte ging, traf man auf dämonische Kultivierende, welche um ihr Leben kämpften. Diese Szenen waren immer sehr blutig.

Die Fen Qing Palasthalle war von feuerroten Ahornbäumen umgeben, was aus der Ferne wirklich schön aussah.

Weshalb besaßen die Ahornblätter bei der Fen Qing Palasthalle jedoch solch ein kräftiges Rot?

Jemand hatte einmal gesagt, dass die Ahornblätter der Fen Qing Palasthalle so rot waren, weil sie mit menschlichem Blut getränkt worden waren und daher von Natur aus roter waren als gewöhnliche, rote Ahornbäume.

Wie viele Menschen waren in dieser Hölle auf Erden gestorben?

Vermutlich wusste noch nicht einmal Yin Wuhui das.

In seinem früheren Leben war Hua Che aus der Unterwelt geflohen, hatte sich in einen Geist verwandelt und war zurückgekommen, um sich zu rächen. Er hatte sechsundzwanzig Familien getötet, um seiner Wut Luft zu machen. Später war er seinem Dasein als Geist-Kultivierender entkommen und ein dämonischer Kultivierender geworden. Als er jedoch in das Reich der Dämonen zurückgekehrt war, war dieses auseinandergebrochen und die Fen Qing Palasthalle hatte kurz vor dem Zusammenbruch gestanden.

Wie sich herausstellte, hatten die dämonischen Kultivierenden, welche gezwungen waren, sich Yin Wuhui zu ergeben, sich ihm nicht länger unterwerfen wollen, weshalb sie sich zu einer Rebellion zusammengeschlossen hatten. Als Yin Wuhui älter geworden war, hatte er einen inneren Dämon entwickelt und war vollkommen verrückt geworden. Die Rebellen hatten ihn daraufhin unter der Führung des linken Wächters Shang Jiangmei gefangen genommen.

Hua Ches erstes Ziel war es gewesen, Yin Wuhui zu töten und sein zweites Ziel bestand darin, das zerbrochene Reich der Dämonen wieder zu vereinen und die Position des Dämonenkönigs in der Fen Qing Palasthalle einzunehmen.

Der Mörder des Vaters und des Meisters. Die Welt hatte recht behalten. Er würde derjenige sein, der seinen Vater tötet.

Da Yin Wuhui von seinem inneren Dämon kontrolliert wurde, hatte er den Tag nicht von der Nacht unterscheiden können, geschweige denn Halluzinationen von Realität und so kam es, dass er Hua Che alles erzählt hatte.

„Warum liebst du mich nicht?! Was fehlt mir? Wieso bin ich schlechter als er?! Wie kann es eine Normalsterbliche wagen, sich mir zu widersetzen?! Ich bin der Dämonenkönig! Hua Sijin, du weißt nicht, was gut oder schlecht für dich ist, also beschuldige mich nicht, wenn ich grausam und bösartig bin!”

In diesem Moment hatte Hua Che alles verstanden.

Hua Sijins Mutter war eine wandernde Kultivierende gewesen und ihr Vater der einzige Prinz des Kaiserhofs. Er hatte eine prominente Herkunft und eine hohe Position mit viel Macht.

Selbst, wenn ihr Vater von dem Kaiser hingerichtet worden wäre, hätte ihre ganze Familie mit hunderten von Menschen in das Reich der Unsterblichen fliehen können, solange ihre Mutter dagewesen wäre.

Derjenige, welcher die gesamte Familie Hua massakriert hatte, musste also ein Kultivierender sein.

Hua Che hatte viele Menschen im Verdacht gehabt, hätte aber nie erwartet, dass Yin Wuhui der Mörder war.

Warum hatte er Hua Sijins Familie abgeschlachtet?

Der Grund war einfach. Yin Wuhui hatte sich in diese bezaubernde und charmante Schönheit verliebt.

Diese Schönheit war jedoch bereits verlobt gewesen und hätte in ein paar Jahren geheiratet. Außerdem hatte Hua Sijin Yin Wuhui überhaupt nicht gemocht. Wie konnte eine anständige Frau etwas mit dem Dämonenkönig zu tun haben?

Daraufhin war der Dämonenkönig wütend geworden.

Die ganze Familie war über Nacht getötet worden, Hua Sijin hatte jegliche Rückendeckung verloren und war sogar als Prostituierte an ein Bordell verkauft worden.

Hua Sijin war mit dem Kind des Dämonenkönigs schwanger gewesen und genau dieser Dämonenkönig hatte ihre ganze Familie abgeschlachtet!

Warum hatte sie es behalten? Warum hatte sie das Kind nicht abgetrieben?

Weil es auch ihr Blut war?

Obwohl sie den Vater des Kindes zutiefst hasste, war sie selbst schließlich die Mutter dieses Kindes, weshalb sich Hua Sijin nur ungerne von diesem Kind trennen wollte. Sie wollte lieber dieses Übel gebären und diesen Krebs in ihrem Bauch heranwachsen lassen.

Hua Che war angewidert und verzweifelt gewesen.

Verzweifelt wegen Hua Sijin und angewidert wegen Yin Wuhui.

Er hatte Yin Wuhui mit seinen eigenen Händen getötet.

Die Welt war dunkel gewesen, es hatte weder Sonnenschein noch Hoffnung gegeben und der Himmel war trüb gewesen. Er war bereits “beschmutzt” gewesen, nicht länger rein und durchsichtig, sondern voller Dreck.

Er hatte angefangen den dämonischen Weg zu kultivieren.

Aus seinen Wunden war Yin Wuhuis reueloses Blut getreten und sein Körper war verfault gewesen.

Er hatte einen makellosen Menschen benötigt, welcher ihn tötete und dadurch befreite.

Auf einmal musste Hua Che an Chu Binghuan denken und er verspürte einen Stich in seinem Herzen. Er erwachte aus seinem Strudel der Erinnerungen und als er wieder zur Besinnung kam, sah er vor sich einen Jadetisch, welcher mit Köstlichkeiten aus aller Welt gedeckt war.

Yin Wuhui lächelte und griff nach dem Weinglas. „Bald ist es so weit. Mein Sohn wird ein Jahr älter”

Hua Che schloss die Augen, um nichts sehen zu müssen. „Mir ist schlecht. Ich habe keinen Hunger”

Yin Wuhuis Lächeln wurde stärker. „Du bist genau wie deine Mutter, eigensinnig und temperamentvoll”

„Welche Qualifikationen besitzt du, dass du sie erwähnen darfst?” Sofort stand Hua Che auf, ohne auch nur eine Kleinigkeit zu sich genommen zu haben und wollte gehen.

„Stopp!”, rief Yin Wuhui.

Hua Che blieb stehen.

„Du hältst dich immer weniger an Vorschriften. Denkst du, dass die Fen Qing Palasthalle ein Ort ist, an dem du kommen und gehen kannst, wie du möchtest?”

Ein finsteres, höhnisches Lächeln erschien auf Hua Ches Lippen. „Was willst du dagegen machen, wenn ich gehen möchte? Mich einsperren oder gar töten?”

Hua Che war weder bescheiden noch arrogant und ging weg. „Der Dämonenkönig ist blutrünstig und besitzt keinerlei Menschlichkeit. Den eigenen Sohn zu töten bedeutet dir nichts, also mach es einfach!”

Eine Barriere erschien vor Hua Che, weshalb er anhalten musste. Hinter sich hörte er Yin Wuhui sagen: „Denkst du wirklich, dass ich dir nichts anhaben kann? Bist du wirklich unverwundbar und ohne Schwächen?”

Hua Che erstarrte.

„Yuntian Shuijing, die Betrunkene Taverne, der Ling Xiao Tempel deines Meisters”, zählte Yin Wuhui auf. „Denkst du nicht, dass diese Orte atemberaubend schön wären, wenn man sie mit roter Farbe bedecken würde?”

Hua Che ballte die Hände zu Fäusten, bis seine Knöchel weiß wurden und seine Finger knacksten.

Er wollte in diesem Leben nicht kämpfen, sondern nur Hunde und Katzen ärgern und auf den Tod warten.

Leider gab es ein paar Leute, welche ihm das nicht gönnten.

Sowohl im letzten als auch in diesem Leben wollte er Yin Wuhui töten!




⇐Vorheriges Kapitel    Nächstes Kapitel⇒

GLOSSAR

4 Kommentare:

  1. Armer Hua Che, ihm aber auch nichts gegönnt, sein böser Vater bedroht die, die ihm am liebsten sind, was für ein netter und fürsorglicher Dad.

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Ende dieses Kapitels habe ich damals wirklich gedacht, dass sein jetziges Leben so ähnliche Bahnen annimmt, wie sein letztes Leben. Gott sei Dank hat Hua Che eine schönte Antwort auf die Drohung seines Vaters... auch wenn die bei einem Verrückten nicht ganz so effektiv war, wie Hua Che sich erhofft hatte.

      Löschen
  2. Uff. Ich bin sehr gespannt wie es weiter geht 🫢

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Freut mich, dass die Geschichte so spannend ist XD. Zum Glück hört also das nächste Kapitel nicht weniger interessant auf ^.^

      Löschen